Buchcover

Synopsis

In einer windigen Nacht steigen zwölf Männer in ein Schlauchboot, versuchen Spaniens Küste zu erreichen. Unter dem dunklen Himmel zieht ein gewaltiges Kreuzfahrtschiff dahin. Ein irischer Frachter verlässt den algerischen Hafen mit leeren Containern an Bord. Und in Cartagena liegt ein Kreuzer der Seenotrettung in Bereitschaft.
Das Mittelmeer: Ferienparadies, Wiege der Kultur, Burggraben der Festung Europa. Merle Krögers Roman ist ein messerscharfes Porträt heutiger Lebensweisen und ein seetüchtiger Politthriller.

Im Hafen von Oran liegt der alte Frachter Siobhan aus Dublin zum Auslaufen bereit. Der ukrainische Ingenieur überwacht das Zollprozedere.
Lalita Masarangi, Security Officer auf dem Kreuzfahrtschiff Spirit of Europe, hat nicht viel Spielraum für Privatleben. Trotzdem forscht sie nach, als der Bandleader verschwindet. Sie kann das nicht einfach auf sich beruhen lassen.
Plötzlich unterbricht der Luxusliner seine Fahrt und meldet der spanischen Küstenwache ein manövrierunfähiges Schlauchboot mit Flüchtlingen. Laut Seerecht muss die Spirit of Europe bei dem havarierten Zodiac bleiben, bis der Seenotrettungskreuzer eintrifft. Passagiere drängen sich an der Reling, machen Handyfotos, filmen. Fünfzehn Decks tiefer in der Wäscherei spielt sich ein Drama ab, von dem die zahlenden Gäste an Bord nichts bemerken. Und Lalita sucht noch immer nach dem philippinischen Musiker …

Credits

Roman von Merle Kröger
erschienen im Argument Verlag
Ariadne Kriminalroman 1224
2015, 240 Seiten, ISBN 978-3-86754-224-1

Mehr Infos

  • autorinnenstatement

    Am 14.9.2012 um 14:56 Uhr meldet das Kreuzfahrtschiff "Adventure of the Seas" der spanischen Seenotrettung die Sichtung eines havarierten Schlauchbootes mit 13 Personen an Bord. Aus einem Youtube-Clip und biografischen Szenen entsteht der Dokumentarfilm HAVARIE (Regie Philip Scheffner): Eine audio-visuelle Choreografie, in der sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Reisenden auf dem Mittelmeer spiegeln.

    Die Recherche zu diesem Film war Ausgangspunkt und Inspiration für den gleichnamigen Roman von Merle Kröger:

    "Die Realität ist viel dramatischer, gewalttätiger, unfassbarer als die Fiktion. Ich habe mich entschieden, das reale Ereignis des Aufeinandertreffens zweier Schiffe zum Anlass zu nehmen, um die Zeit anzuhalten, quasi ein 3-D-Modell dieser Situation zu erstellen, das ich von allen Seiten betrachten kann. In diesem modellhaften Raum kann ich nun in die Rolle jedes Protagonisten schlüpfen und versuchen, ihn oder sie aus ihrer Biografie heraus denken und handeln zu lassen."

  • auszeichnungen

    • KrimiZeit Bestenliste Platz 1 (Juni, Juli & August 2015)
    • Hotlist 2015
    • Radio Bremen Krimipreis 2015
    • Deutscher Krimipreis 2016, 2. Platz (national)

  • pressestimmen

    Kritiken (Auswahl):

    Deutschlandfunk "Büchermarkt" | Andreas Ammer
    „(…) eine der intelligentesten Neuerscheinungen des Jahres 2015, und dieses Lob umfasst nicht nur das Krimigenre, sondern den deutschen Buchmarkt generell.“

    Der Freitag 30.4.2015 | Thekla Dannenberg
    Havarie ist der Roman der Stunde. Jeder, der an Europa und dem Mittelmeer hängt, sollte ihn lesen. Merle Kröger erzählt darin kein Flüchtlingsdrama. Oder zumindest nicht nur. Sie erzählt in rasant wechselnden Perspektiven von Aufbruch und Schiffbruch, von der Faszination des Meeres und von einer Seefahrt, die aus Gründen der Kosteneffizienz alle Werte über Bord geworfen hat.
    (...) Doch vor allem beweist Kröger mit Havarie zweierlei: wie grandios eine dezidiert politische Literatur sein kann und wie kunstvoll der deutsche Kriminalroman.

    Die Welt, 9.5.2015 | Elmar Krekeler
    "Havarie" ist ein Dokufictionthrilleressayroman. (...)
    Das Meer der Geschichten, das der Roman überquert, ist tatsächlich ein Höllenschlund. Und in den mythischen Stunden, in denen Merle Krögers Figuren eingefroren sind, wird die Welt, die sich auf diesen vier Schiffen widerspiegelt, auf die Probe gestellt. Die Engführung der Geschichten ("Havarie" gleicht einer vielfachen Fuge, für jede der Linien hat Merle Kröger einen eigenen Ton gefunden), ihre Kontrapunktierung bringt sie immer wieder an einen Punkt, an dem sie sich entscheiden, bewähren müssen, "ein autonomes Denken und Handeln entwickeln, das nicht durch ihre Position, Herkunft, Nationalität, sondern aus ihrer eigenen Haltung heraus entsteht".

    Radio Bremen, 13.5.2015 | Guido Schulenberg
    Merle Kröger treibt uns durch aufgewühlte Lebensgeschichten, Schicksale, die sich auftürmen wie bedrohlich hohe Wellen. Gedanken werden in stakkato-hafte Sätze, Halbsätze und Ein- oder Zweiwort-Sätze gepresst. Sie werden dem Leser entgegengeschleudert, wie aufgewirbeltes Wasser an die Pier. Damit gelingt es der Autorin den Leser mitten in diese Szenerie aufs Mittelmeer zu führen.  (...) So verwirbeln sich die Erzählstränge über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Romanfiguren. Ruhiges Fahrwasser gibt es nicht.

    Deutschlandradio Kultur, 21.5.2015 | Thomas Wörtche
    Krögers Roman verwebt virtuos die verschiedenen Spannungslinien – wird es zum Desaster kommen, wie agieren die Figuren auf den verschiedenen Schiffen, wie agieren sie untereinander? – zu einem dichten Geflecht von Missständen und ungeheurer Komplexität. (...)
    "Havarie" ist eine großartige, dokumentarartige Fiktion über das reale Grauen dieser Welt, das in wenigen Stunden auf dem mare nostrum (welche schöne Utopie) mit vielen seiner globalen Verästelungen sichtbar wird.

    Spiegel Online, 5.6.2015 | Marcus Müntefering
    Durchlässig ist die Gegenwart in dieser Geschichte, löchrig, und durch diese Löcher dringt Kröger tief in die Vergangenheit ein. So wird der Roman zur Zeitmaschine, der sich für ein paar Sätze, Absätze oder Seiten mit den Erinnerungen der Protagonisten kurzschließt. Verwehte Bruchstücke, die kein vollständiges Bild ergeben, aber ein Panorama, eine Collage aus Schnipseln, die von Krieg erzählen und von Vertreibung, von Verzweiflung und Gegenwehr und manchmal sogar von Hoffnung. (...) Erzählen, das heißt immer auch: Ordnung schaffen. Dass diese Ordnung nur eine Illusion ist, vermittelt Merle Kröger auf beeindruckende Weise.

    WDR Funkhaus Europa, 2.6.2015 | Ulrich Noller
    "Havarie" ist ein großartiger Roman; durchaus ein Thriller, durch Anlage und Struktur; viel mehr aber noch ein Zeugnis der Zeit, ein erzählendes Kunstwerk von immenser dokumentarischer Kraft. "Havarie" ist herausragend, ein Roman des Jahres, keine Frage.

    ARD ttt, 8.6.2015 | Yasemin Ergin
    In ihrem fesselnden, elegant konstruierten Roman meistert Merle Kröger den Spagat zwischen Realität und Fiktion. Wer ihn liest, wird in Zukunft genauer hinschauen - und vielleicht auch die Menschen hinter den Nachrichtenbildern näher an sich heranlassen.

    Tagesspiegel, 21.6.2015 | Kolja Mensing
    Darum geht es: Hinter dem „Schicksal der Flüchtlinge“, hinter der „menschlichen Katastrophe“, von der in den Medien in den letzten Wochen und Monaten immer wieder die Rede war, steckt ein komplexer ökonomischer Zusammenhang. „Havarie“ ist darum eigentlich kein Politthriller, sondern ein extrem politischer Thriller. Merle Kröger erzählt davon, wie der Preis für ein Menschenleben im globalen Kapitalismus ständig neu berechnet wird. Und wie dieser Preis stetig fällt.

    FAZ 22.6.2015 | Hannes Hintermeier
    "Havarie" ist ein Kind seiner Zeit und bildet diese so ab, wie wir gewohnt sind, sie zu betrachten. (...) Die beliebte Platte mit dem Dauerlamento, deutschsprachige Autoren hätten dem angloamerikanischen Markt nichts entgegenzusetzen, darf man jetzt leiser drehen. Merle Kröger hat längst den Gegenbeweis angetreten.

    SWR Die Buchkritik, 29.6.2015 | Frank Rumpel
    "Havarie" ist angesichts der Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer ein hoch aktueller, engagierter und politischer Thriller, kein Betroffenheitskitsch, sondern hellwache, wunderbar vital und pointiert geschriebene Literatur.

    Badische Zeitung, 4.7.2015 | Joachim Schneider
    Das kann nur Literatur: Ein paar Sätze, ein paar Sekunden und schon ist die beschriebene Person ganz nah. So schafft man Empathie. Die Drehbuchautorin und Schriftstellerin Merle Kröger weiß genau, wie das funktioniert. Sie entwirft grandiose Szenarien einerseits, andererseits sind es die kleinen Dinge, ein paar Gefühle in Worte gepackt, die ihre Figuren lebendig machen.

    rosinenpicker, Goethe Institut, 7.7.2015 | Marit Borcherding
    (Kröger) tauscht in schneller Folge die Perspektiven, springt von Szene zu Szene, schreibt stichwortartig knapp, überlässt einiges der Fantasie ihrer Leserschaft, fordert mit einem Stakkato kurzer Sätze heraus. Die Fakten sind minutiös recherchiert,. Angesichts der zahlreichen handelnden und erleidenden Personen sowie des raschen Wechsels der Schauplätze muss man dran bleiben an der Lektüre (...). Die Belohnung ist eine Momentaufnahme von erzählerischer Durchschlagskraft, wie sie aktueller kaum sein kann.

    Deutschlandradio Kultur Lesart, 13.7.2015 | Katharina Döbler
    Merle Kröger hat viel untergebracht in diesem keineswegs dickleibigen, aber gut recherchierten Roman. Da sie ihre zehn Figuren von sich selbst und aus sich selbst erzählen lässt, öffnet sich die Perspektive wie von selbst nach allen Seiten, nach oben und nach unten, über die Welt – und so bricht sie auch manches Klischee. Nicht jedes. Denn viele Klischees in diesem Zusammenhang sind leider absolut real.